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Fake or Fact?

Che fine ha fatto? Khenpo A Chös Regenbogenkörper

Beitrag von Mareike Smolka

Am 1. August 2017 beim jährlichen Kongress des Mind & Life Instituts, welches einen Dialog zwischen moderner Wissenschaft und Buddhismus fördert, begann Vater Francis Tiso seinen Vortrag mit einer Redewendung seiner Muttersprache: „Che fine ha fatto?“ Der katholische Priester, promovierter Theologe, und Gastprofessor der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom übersetzte die italienische Sprachwendung mit der zynischen Frage „Wie ist es mit ihm geendet? Haben sich seine Erwartungen im Tod bewahrheitet?“ Diese Frage trieb Tisos Forschung zum Regenbogenkörper an, die er in seinem Buch Rainbow Body and Resurrection (Regenbogenkörper und Wiederauferstehung) veröffentlichte. Dieses Buch stellte er während des Mind & Life Kongresses vor, bei dem ich gespannt im Publikum saß.

Im Sommer 2017 hatte ich gerade meinen Masterabschluss absolviert. Ich hatte mich während meines Masterstudiums in der Wissenschaftssoziologie intensiv mit der neurowissenschaftlichen Erforschung Buddhistischer Meditationspraktiken beschäftigt. Beim Mind & Life Kongress trafen sich führende Neurowissenschaftler mit Philosophen, Soziologen, Theologen, Religionswissenschaftlern, Buddhistischen Mönchen und Nonnen, um sich über die Möglichkeiten der wissenschaftlichen Erforschung von Meditation und Buddhismus auszutauschen. Ein Themenschwerpunkt des Kongresses war die Erforschung der Regenbogenkörper, da Vater Tiso ein Jahr zuvor seine kritische Analyse von Zeitzeugenberichten zu diesem Phänomen veröffentlicht hatte.

Ich hatte bereits während meines Studiums über Regenbogenkörper gelesen, aber hatte Ihnen keine weitere Beachtung geschenkt, da ich den bis dahin veröffentlichen Berichten misstraut hatte. Während Francis Tisos Vortrag hingegen machte ich gebannt Notizen. Wie die Leitfrage seiner Forschung verrät geht es bei dem Regenbogenkörperphänomen um das Lebensende und den Sterbeprozess: Wie ist es mit ihm geendet? In der Dzogchen Lehre des traditionellen tibetanischen Buddhismus zeigt sich am Ende des Lebens, ob ein gläubiger und praktizierender Buddhist die vollkommene Natur des Geistes und allen Seins erkannt hat. In der mit dieser Erkenntnis einhergehenden Erfahrung hebt sich die Dualität zwischen Phänomen und Bewusstsein, zwischen Objekt und Subjekt, auf und die Einheit allen Seins wird erlebt. Ein Buddhist, der diese Erkenntnis zeit seines Lebens durch Meditation erlangt hat, tritt aus dem Kreislauf der Wiedergeburten aus. Nach seinem Tod löst sich sein Körper innerhalb einer Woche in Lichterscheinungen als die Essenz der Elemente seines Körpers auf.

Vater Tisos spiritueller Lehrer Bruder David Steindl-Rast hatte 1998 von Berichten über den Regenbogenkörper von Khenpo A Chö, eines Buddhistischen Mönchs aus Khamns im östlichen Tibet gehört. Da ihn der Vergleich mit der Wiederauferstehung von Jesu Christie faszinierte, stellte er seinem Schüler Francis Tiso Gelder zur Verfügung, um den Berichten über Khenpo A Chös Regenbogenkörper im Rahmen anthropologischer Feldforschung in den Himalayas auf den Grund zu gehen. Durch sein Studium in Tibetischen Buddhismus und seine Tibetanischen Sprachkenntnisse, schien Tiso ein geeigneter Kandidat für eine solche Forschungsreise. Tisos Forschungsteam reiste im Juli 2000 von Italien nach Chengdu, die Hauptstadt der chinesischen Provinz Sichuan. Von dort reisten die Forscher zu Khenpo A Chös Mönchsklause im Dorf Lumaga, wo der Buddhistische Mönch die letzten neun Jahre seines Lebens zusammen mit ein Dutzend Anhängern verbracht hatte. Die Forscher führten Interviews mit den Augenzeugen von Khenpo Achös Tod.

Die letzten sechs Jahre seines Lebens hatte Khenpo A Chö Tag und Nacht meditiert. Er verbrachte die meiste Zeit daher in dieser Stoffhülle in seiner Einsiedlerhütte, in der er schließlich in Anwesenheit seiner Anhänger starb. Berichten zufolge wurde seine Haut kurz nach seinem Tod rosa und glich der Haut eines kleinen Kindes. Alle Augenzeugen bestätigten, dass sein Körper über sieben Tage langsam schrumpfte, sichtbar unter seinem gelben Gewand. Gleichzeitig erschienen Regenbogenmuster im Himmel über seiner Hütte, welche auch von den Dorfbewohnern aus Lumaga beobachtet wurden. Am 8. Tag war sein Körper ganz verschwunden und nur seine Fingernägel wurden in seinem Gewand gefunden.

Diese Erzählung von Khenpo A Chös Tod erschien mir unglaublich. Am Ende des Vortrags, ging ich daher auf Vater Tiso zu, um ihn zu fragen, ob das Regenbogenkörperphänomen auch wissenschaftlich zu erklären sei. Wie ließe sich auf biologischer, materieller Ebene erklären, dass Fleisch und Knochen eines toten Körpers schrumpften und sich schließlich in Licht auflösten?  Tiso erklärte mir, dass bis jetzt noch keine Laborstudien dieses Phänomens möglich waren, da streng praktizierende Mönche meistens abgeschieden im Kreis ihrer Anhänger lebten, die über den Tod ihres Meisters erst im Nachhinein berichteten. Die Erforschung der Buddhistischen Meditationspraxis hielt Tiso allerdings für vielversprechend, da intensive kontemplative Praxis bereits mehrere scheinbar paranormale körperliche Grenzerfahrungen hervorgebracht hatten, wie z.B. die vermeintlich schmerzfreie Selbstverbrennung meditierender Tibetischer Mönche und Nonnen zum Protest gegen die chinesische Herrschaft über Tibet im Jahr 2011.

Außerdem erhoffte sich Tiso mehr Aufschluss über die Erforschung von buddhistischen Reliquien. Khenpo A Chös Anhänger fanden die Fingernägel ihres Meisters in dessen Gewand. Dem Buddhistischen Glauben zufolge sollen solche Überbleibsel von zur vollkommenen Erkenntnis gelangter Buddhisten, wie Haare, Zähne und Fingernägel, den Glauben von Anhängern festigen und in Nichtgläubigen entfachen. Daher haben Khenpo A Chös Anhänger nur einen der Nägel ihres Meisters im Dorf Lumaga aufbewahrt. Die anderen Nägel versuchen Sie weltweit in Tibetanischen Gemeinschaften zu zirkulieren. Einen Nagel gaben Sie Tiso, damit dieser den Nagel in der forensischen Medizin der Universität von Rom untersuchen lassen konnte. Forensische Mediziner konnten bestätigen, dass es sich bei dem Relikt um einen Nagel eines 80-jährigen Mannes handelt.

Im Frühling dieses Jahrs nahm ich Kontakt mit Francis Tiso auf, da ich mich bei der Planung der Lübecker Museumsnacht an sein Buch und den Fingernagel von Khenpo A Chö erinnerte. Tiso entsinnte sich unseres Gesprächs vor zwei Jahren beim Mind & Life Kongress und nach einem längeren Telefongespräch willigte Tiso ein, den besagten Nagel nach Lübeck zu schicken, um die Reliquie bei der Museumsnacht auszustellen. Werfen Sie also einen Blick in unsere Glasvitrinen und erfahren Sie selbst, ob der Glaube an das Regenbogenkörperphänomen in Ihnen erwacht.


Fake or Fact? Auflösung

Fake of fact? Das Exponant ist fake, aber über die factness des Regenbogenkörperphänomens vermag ich nicht zu urteilen…

Ich traf Francis Tiso tatsächlich beim jährlichen Kongress des Mind & Life Instituts 2017. Er präsentierte nicht sein Buch Rainbow Body and Resurrection, sondern fazilitierte kontemplative Übungen für Kongressteilnehmer. Unter den Teilnehmern wurde sein Buchtrotzdem heiß diskutiert, was mich neugierig auf die Lektüre machte. Zu dem persönlichen Gespräch mit Francis Tiso bei der Konferenz und einem anschließenden Telefongespräch kam es nicht. Fingernägel von Khenpo A Chö wurden ebenfalls nicht gefunden. Es gibt allerdings Augenzeugenberichte über andere Buddhistische Mönche, deren Haare und Fingernägel nach ihrem Tod und der Auflösung ihres Körpers in Lichterscheinungen zurückbliebe.

Nach der Lektüre des Buches blieb ich immer noch unschlüssig, was es mit dem Regenbogenkörperphänomen auf sich hatte. Ein Jahr später veröffentlichte Tiso einen Artikel in dem er über die Methode seiner Forschung zum Regenbogenkörperphänomen und dessen Wahrhaftigkeit reflektiert. Das Phänomen gilt in bestimmten Kulturkreisen als wahrer und existentieller als dass, was man mit den Augen sieht oder mit Instrumenten misst. In westlichen Kulturkreisen würden viele es als Wunder beschreiben: „It belongs to the class of miracles. Who are we to say that it never occurs?"