Steven Reiss
Der Künstler als Dichter – Edvard Munch und seine hinterlassenen Schriften
Der Fokus des Dissertationsprojektes liegt auf der intermedialen Arbeitsweise des norwegischen Künstlers Edvard Munch (1863–1944), der Zeit seines Lebens nicht nur ein großes bildkünstleri-sches Werk, sondern vor allem auch ein nahezu unbekanntes, jedoch umfassendes schriftliches Œuvre anfertigte. Durch eine interdisziplinäre Herangehensweise soll die Relation von Text und Bild sowie ihre medialen Erscheinungen als unterschiedliche Mittel mit gleicher Ausdrucksinten-tion auf inhaltlicher Ebene näher betrachtet werden, um dabei die Bildlichkeit von Texten als auch die Textualität von Bildern herauszuarbeiten. Der Schwerpunkt der Analysen liegt auf der
Funktion der Werke und deren stilistischer Umsetzung, die unter kunst- und auch litera-turwissenschaftlichen Aspekten beleuchtet werden. Durch diese Untersuchung ist es schließlich möglich, Munch in einen größe-ren Kontext zu stellen und aufzuzeigen, wel-chen Stellenwert Munchs Arbeitsweise und seine kunsttheoretischen Überlegungen im Vergleich zu anderen Künstlern und Litera-ten des Fin de Siècle und des Expressionis-mus einnehmen. Die große Bedeutung Edvard Munchs für Lübeck und umgekehrt, liegt nicht nur in der finanziellen Unterstüt-zung des Mäzens und guten Freundes Max Linde (1862–1940) sowie den Aufträgen und den Einblicken in den Kunsthandel, die
Munch durch Vermittlung des Lübecker Augenarztes erhielt. Es sind vielmehr Lindes seelisch-moralische Förderung und die Hilfe beim Entwickeln kunsttheoretischer Ideen während Munchs Lübeck-Zeit (1902–1907), an die er sich nach eigenen Aussagen immer wieder mit Wehmut zurückerinnerte und die den Künstler anregte, seinen im Jahr 1902 als zunächst abgeschlossen gedachten Lebensfries und somit nahezu sein gesamtes Schaffen neu auf- und umzuarbeiten.
Steven Reiss studierte Skandinavistik und Kunstgeschichte (2010–2017) an der Georg-August-Universität Göttingen. Er war Projektmitarbeiter der Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen (2015–2017) und ist seit 2014 am Lehr-stuhl von Prof. Dr. Michael Thimann im Kunstgeschichtlichen Seminar der Universität angestellt, wo er seit 2017 auch promoviert.